"Die Kinder von Auschwitz" - Buchautor Alwin Meyer zu Besuch an der GSS

Zur Ausstellungseröffnung in der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche und der Martinskirche reiste Herr Alwin Meyer nach Tübingen an und ermöglichte uns am Montagmorgen nach den Herbstferien eine Vortragsreihe über das Leben der überlebenden Kinder von Ausschwitz.

400 Schülerinnen und Schüler konnten dabei erfahren, wie das Leben der Kinder im KZ Auschwitz und vor allem nach der Befreiung des Lagers verlief.

Herr Meyer selbst besuchte mit 21 Jahren zum ersten Mal die Gedenkstätte Auschwitz Birkenau in Polen. Dieser Besuch wühlte ihn so auf, dass er versuchte die Lebensgeschichte überlebender Kinder nachzuverfolgen. Was war aus ihnen geworden? Wie gingen und gehen sie mit der erlebten Grausamkeit um? Haben sie eine Stimme? Gerade die letzte Frage verwunderte Alwin Meyer (heute 68 Jahre alt), denn es gibt bis heute nur seine Lebensgeschichtensammlung zu überlebenden Kindern von Ausschwitz.

Eindrücklich schildert Alwin Meyer, welche Prägungen die Kinder aus ihrer Gefangenschaft mitgenommen haben. So glaubte ein Junge über viele Jahre, dass Menschen nicht natürlich sterben können, sondern immer getötet werden müssen, ein anderes Kind versteckte über Jahre Brotrinde unter dem Bett seiner Adoptiveltern, da dies in Ausschwitz die erlernte Überlebensstrategie war. Der Überlebenskampf ging auch nach der Befreiung weiter, denn die Kinder litten unter verschiedensten Krankheiten, Erfrierungen, Folgen des Hungers uvm., so dass bei vielen Kindern das Leben an einem hauchdünnen Faden hing.

Auch stießen die Kinder von Auschwitz in der Bevölkerung nicht nur auf „offene Arme". Sätze wie „Warum habt ihr euch das antun lassen?" oder „Ihr seid ja selber schuld, wenn ihr euch wie Schafe auf die Schlachtbank führen lasst!" waren keine Seltenheit.

Diese erschütternde, tief bewegende und traurigmachende Realität der Kinder steht dem heutigen persönlichen Kontakt von Herrn Meyer den Überlebenden und ihren Familien gegenüber, der ein starkes Vertrauensverhältnis als Grundlage hat.

Herr Meyer hat sich seit nunmehr über 45 Jahren auf Spurensuche begeben. Die Offenheit und das Vertrauen, auf welche er heute zurückblicken kann, sind dabei nicht allein sein Verdienst. Gerade in der Anfangszeit bekam er große Unterstützung von Mitarbeitern des Friedensdienstes, der an die Gedenkstätte in Auschwitz angeschlossen ist. Ohne dies, wären die Kontakte zu den Menschen nie entstanden. Dass die Kinder von Auschwitz seine Herzensangelegenheit geworden sind, das spürt man ihm an und zeigt sich auch an seiner Ausdauer, bis heute die Kontakte zu den Familien durch Besuche zu pflegen.

Buchempfehlung: (in der Stadtbücherei WHO entleihbar) A. Meyer: „Vergiss Deinen Namen nicht - Die Kinder von Auschwitz", Steidl Verlag

Link zur Buchempfehlung von Gert Scobel (Mediathek 3sat)